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„Haben wir nichts gelernt?“ – Leistungskurs Geschichte nach Gespräch mit Shoa-Überlebender Ruth Melcer fassungslos

Zahia Agraebel ist sehr gespannt. Gerade eben ist ihre Frage vor 3000 Schülerinnen und Schülern aus 80 Schulen in ganz Deutschland an die Shoa-Überlebende Ruth Melcer gestellt worden. Gespannt blickt die Elftklässlerin nach vorne in Richtung der Digitalen Tafel und lauscht, was die 87-jährige Zeitzeugin antworten wird. Die Ausführungen der in München lebenden und von dort online zugeschalteten Jüdin hinterlassen nicht nur Zahia sprachlos zurück, sondern auch ihre 15 Mitschülerinnen und Mitschüler des Leistungskurs Geschichte am Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium Germersheim sowie zahlreiche erschienene Lehrerinnen und Lehrer.

Moderatorin Ellen Diehl von der Friedrich-Ebert-Stiftung, welche die Veranstaltung sehr eindrucksvoll und reibungslos organisiert hatte, verlas am 10. November 2022 stellvertretend für die vielen Schülerinnen und Schüler die zuvor eingereichten Fragen und so auch jene von Zahia Agraebel: „Haben Sie durch Ihre „Aufklärungsarbeit“ oder allgemein mit Menschen zu tun gehabt, die die Shoa leugnen, versuchen sie kleinzureden oder zu entschuldigen?“

Ruth Melcer musste nicht lange überlegen: „Nein! Ich hatte keinen Kontakt! Ich wurde nie beschimpft! Meine Freunde schützen mich vor solchen Leuten. Der Umgang mit solchen fiele mir sehr schwer!“ Nachdem Ellen Diehl ergänzte, dass die von der Friedrich-Ebert-Stiftung herausgegebenen Mitte-Studien ergeben hätten, dass heutzutage etwa 20% der Deutschen dächten, die Jüdinnen und Juden hätten zu viel Einfluss, ergänzte die 1935 im polnischen Tomaszów Geborene: „Das macht mich sehr traurig. Haben wir nichts gelernt? Die Leute sollten merken, dass es ihnen gut geht! Gebildete Leute müssen sich für die Aufklärung einsetzen!“

Aber nicht nur die Antwort auf Zahia Agraebels Frage beeindruckte die Elftklässlerinnen und Elftklässler in der etwa 60-minütigen Veranstaltung anlässlich des 84. Jahrestags der nationalsozialistischen Pogrome gegen die Jüdinnen und Juden am 9. November 1938, sondern auch jene auf die Themen, die die Schülerinnen und Schüler der anderen Schulen gesetzt hatten. Melcer führte aus, dass sie als Siebenjährige im Arbeitslager Blizyn nur überlebt hatte, weil ihre Mutter angegeben habe, sie sei bereits zwölf und damit arbeitsfähig. Andernfalls wäre sie „aussortiert“ worden. Als sie 1944 als Neunjährige ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert wurde, habe ihr die Ermordung ihres Bruders sehr zugesetzt, welcher in einem Wald erschossen worden sei. Sie habe an der Rampe in Auschwitz Glück gehabt, dass KZ-Arzt Josef Mengele nicht anwesend war und keine Selektion stattgefunden habe. Sie sei von einer Barackenältesten teilweise versteckt worden, um sie zu schützen. Was sie aber immer vor Augen habe, sei der von den Verbrennungen rot gefärbte Himmel und der Geruch.

Überraschen konnte die 1946 aufgrund antijüdischer Pogrome in Polen nach Westdeutschland übergesiedelte Melcer auch mit der Aussage, dass sie als Kind Adolf Hitler nicht gekannt habe. Sie habe nur gewusst, dass es einen Krieg gab. Sie sei ein Kind ohne Kindheit gewesen. Ihr sei berichtet worden, dass sie vor 1938 eine wunderschöne Kindheit gehabt habe, doch nach Auschwitz sei jegliche Erinnerung daran wie ausgelöscht gewesen.

Ruth Melcers Schlussworte verfehlten ihre Wirkung nicht: „Ich habe nicht mehr so lange zu leben. Ich weiß das. Schützt euer Leben! Schützt die Demokratie!“ Ihr standen die Tränen in den Augen.

Dirk Wippert

 

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