Ein bequemes Sofa steht direkt neben der gläsernen Außenfront des Gebäudes. Der Blick nach draußen offenbart ein frühherbstliches Panorama mit kleinem Teich, Bäumen und Wiesen. Über dem Sofa prangt ein mannhohes Bild eines zeitgenössischen Künstlers. Junge Menschen sitzen dort und bearbeiten ihre Laptops, daddeln auf ihren Smartphones oder unterhalten sich. Nach einiger Zeit verlassen sie die Sitzecke. Vielleicht eine normale Szene in einem idyllisch gelegenen Café, aber wir befinden uns in Birkerød in einem dänischen Gymnasium.
Die Schülerinnen stehen auf und kehren zurück in ihre technisch bestens ausgestatteten Klassenzimmer. Dort erwartet sie Martin der Englischlehrer, nicht alle wissen seinen Nachnamen, denn man duzt sich. Die Schülerin Lotte klappt ihren Laptop auf und der Unterricht wird fortgesetzt.
17 Schüler*innen des Goethe Gymnasiums hatten in der Woche vor den Herbstferien die großartige Gelegenheit einen lebhaften Eindruck vom Schulleben am Gymnasium in Birkerød in Dänemark zu erhalten. Tagesausflüge zum berühmten Hamlet-Schauplatz im Schloss Helsingør und ins nahegelegene Kopenhagen rundeten den Austausch ab. In ihren Gastfamilien wurden alle sehr herzlich aufgenommen und konnten an den freien Nachmittagen und Abenden ein wenig den dänischen Alltag miterleben.
Das Schulleben in Birerkød hat hierbei einen nachhaltigen Eindruck auf Schüler*innen und die begleitenden Lehrer Frau Würth und Herr Wenig gemacht. (Großer Dank an dieser Stelle auch an Frau Bartholomé ohne deren organisatorische Vorarbeit und persönliche Kontakte nach DK dieser Austausch nicht möglich gewesen wäre) Neben den architektonisch ansprechenden, großzügig angelegten und technisch bestens ausgestatteten Schulgebäuden wurde uns deutlich, wie Schule aussehen kann, wenn man sie nur entsprechend wertschätzt d.h. auch finanziell ausstattet. So fanden wir in Birkerød fünf Supervisoren vor, die hauptamtlich für Schulsozialarbeit und Berufsberatung der rund 1100 Schüler*innen vor Ort zuständig sind. Der störungsfreie Betrieb der technischen Infrastruktur liegt in der Hand von drei festangestellten IT-Technikern, die Instandhaltung der Gebäude ist die Aufgabe von fünf Hausmeistern. Die Schulbibliothek hat einen festangestellten Bibliothekar, der jährliche Mittel von rund 12000 Euro zur Anschaffung von Literatur zur Verfügung hat. In der Schulmensa gibt es gesundes und preiswertes Essen für Lehrer*innen und Schüler*innen. Die Schule ist, wie nahezu alle Schulen in Dänemark, eine Ganztagsschule. Im schulischen Alltag wechseln alle lässig zwischen Englisch und Dänisch, doch auch Französisch, Deutsch und Spanisch sind immer wieder zu vernehmen. Und: Es gab Arbeitsräume für Lehrer In denen konnte man ungestört arbeiten!
Der sichtbare Unterschied zum schulischen Alltag in Deutschland bestimmte die Gespräche auf der Reise und bot willkommenen Anlass, um über Sinn und Unsinn der digitalen Schule zu diskutieren. Es ist sicher nicht alles Gold was glänzt und es waren auch negative Auswirkungen der permanenten Verfügbarkeit von Smartphone und Laptop beobachten. Selten sah man Schüler*innen ohne irgendeinen digitalen Begleiter, auch im Unterricht schienen die weiten des Internet manchmal näher als der unterrichtende Lehrer und sein Bemühen Inhalte zu vermitteln.
Die Schüler des GGG folgten also dem Motto des Schulpatrons Goethe, der einmal gesagt haben soll: „Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.“ Sie begegneten neuen Menschen, anderen Sichtweisen, habe die Kultur ihres Nachbarlandes ein wenig besser kennenlernen dürfen, haben dänisches Essen schmecken, dänische Luft riechen, dänische Architektur bewundern, dänische Geschichte in den Verließen Helsingørs erleben dürfen.
Derweil zurück im Klassenzimmer klappt Lotte rasch ihr Laptop auf, überprüft unbemerkt vom Lehrer ihre diversen Sozial Media Accounts, um anschließend rasch ein Video auf YouTube auszuwählen, dass sie sich während Martins Englischstunde anschauen wird.
von Andreas Wenig