Da fährt der Grundkurs Latein der Jahrgangsstufe 12 nach Heidelberg, um auf Einladung von Prof. Jürgen Paul Schwind eine Vorlesung zu Catull, einem römischen Dichter des ersten vorchristlichen Jahrhunderts zu hören, und womit beginnt die Vorlesung? Mit Goethe und seinem großen Erfolgsroman Werther!
Da wurden die Augen der zwölf Schülerinnen und Schüler in den ansteigenden Sitzreihen des Hörsaals 14 doch ganz groß, als Prof. Schwind, ein renommierter Altphilologe und Literaturwissenschaftler,
Stück für Stück einen konkret fassbaren lateinischen Catull-Subtext unter dem Goetheschen Werther aufdeckte und dann Gedicht für Gedicht der Catullschen Sammlung auf poetische Bezüge, die oft in der Schwebe und im Unbestimmten bleiben, und auf ihre Nachwirkungen in der europäischen Literatur untersuchte. Einige der lateinischen Texte waren bereits in der Jahrgangsstufe 11 gelesen worden, aber alle waren doch ganz dankbar, dass wir die Texte der Vorlesung zwei Tage vorher erhalten konnten und Prof. Schwind uns vor der Vorlesung noch einmal eine zweisprachige Version austeilte.
Die anderthalbstündigen Lectio, in der eine ganze Reihe von Texten analysiert wurden,forderte den Schülern ein hohes Maß an Konzentration und Hörbereitschaft ab, aber sie meinten am Ende sehr anerkennend, einem
so anregend, elegant und auch humorvoll formulierenden Professor habe man doch sehr gut folgen können, und die Vorlesung sei sehr bereichernd gewesen. Manche meinten auch bedauernd, wie schade es doch sei, dass ihre Wertherlektüre schon vorbei sei - das hätten sie doch gerne noch in den Unterricht eingebracht. Dass die lateinische Literatur der Humus für die europäische Literatur und Kultur war und ist, wurde in diesen anderthalb Stunden eindeutig sichtbar und hörbar.
Nach der Vorlesung bedankte sich die Gruppe noch einmal bei Herrn Prof. Schwind und stärkte sich dann erst einmal auf dem Weihnachtsmarkt, um danach mit der Besichtigung des Studentenkarzers und der Alten Aula noch ins Heidelberger Studentenleben der vergangenen Jahrhunderte einzutauchen. Am Ende waren alle einhellig der Meinung, das sei doch eine hervorragende Exkursion mit hohem Erkenntnisgewinn gewesen. Alle waren überaus dankbar, dass sie die Möglichkeit hatten, im Herzen Heidelbergs in der Neuen Universität diese Vorlesung zu hören.
Gisela Herschbach