Am Dienstag, den 11.06.2024, besuchte Klaus Schirdewahn alle 8. Klassen des GGGs und stand den Schülerinnen und Schülern über sein Leben als schwuler Mann und die Diskriminierung, die er deswegen erlebte, Frage und Antwort.
„In der Nazizeit ein Schwerverbrechen, für die Kirche eine Todsünde“, so beschrieb der 1947 geborene Ludwigshafener die damalige Haltung zum Thema Homosexualität. Im Jahre 1964 wurde er unter Berufung auf den Paragrafen 175 des Strafgesetzbuches wegen seiner sexuellen Orientierung und der Liebe zu einem anderen Mann verurteilt.
Der Paragraf 175 wurde im Deutschen Kaiserreich 1871 eingeführt und stellte „widernatürliche Unzucht“ zwischen Männern unter Strafe. 1935 wurde das Gesetz sogar noch verschärft und schon ein Verdacht war ausreichend, um zu bis zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt zu werden. Seit 1969 sind homosexuelle Handlungen in der BRD straflos, aber gänzlich gestrichen wurde der Paragraf erst 1994.
Da Schirdewahn zum Zeitpunkt der Verurteilung erst 17 Jahre alt und damit noch minderjährig war, blieb ihm das Gefängnis erspart, doch er musste sich einer 2-jährigen Konversionstherapie unterziehen, eine Art „Gehirnwäsche“, die ihn „wieder normal“ machen sollte. Eine Erfahrung, die sein ganzes Leben veränderte und noch heute für eine eher zurückhaltende Lebensweise mit seinem Lebenspartner sorgt.
Mittlerweile engagiert sich Klaus Schirdewahn für schwule und bisexuelle Senioren, leitet die Gruppe „Gay & Grey“ des Queeren Zentrums Mannheim und ist häufig in Fernsehbeiträgen zu sehen und mittlerweile – zu unserer großen Freude – auch häufiger Gast in Schulen. Am 27.01.2023 hatte er sogar die Ehre, im Deutschen Bundestag eine Rede anlässlich der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus zu halten, in der er auf das Schicksal seiner vielen Leidensgenossen erinnerte und auf die noch heute andauernde Diskriminierung von Personen aus der LGBTQAI+-Community aufmerksam machte.
Den Schülerinnen und Schülern des GGGs, die unter Umständen selbst bemerken, dass sie romantische Gefühle für Personen des eigenen Geschlechts besitzen, rät er, sich jemandem anzuvertrauen, egal ob Freunden, Familienmitgliedern oder Lehrkräften: „Wenn man nicht über seine wahren Gefühle sprechen kann, wird man krank.“
Das Goethe-Gymnasium blickt auf eine sehr lehrreiche Veranstaltung zurück und ist dankbar, dass sich Herr Schirdewahn die Zeit genommen hat, den sehr interessierten Schülerinnen und Schülern aus seinem ereignisreichen Leben zu erzählen.
„Bleibt menschlich!“, war sein Wunsch ganz am Schluss, auch im Angesicht aktueller (welt-)politischer Ereignisse.
Kim Hartmann