„Wer bezahlt, der bestellt!“ – Rheinpfalz-Landeskorrespondentin Karin Dauscher fasziniert Leistungskurse Sozialkunde und Geschichte

„Könnten Sie sich, da es den regionalen Tageszeitungen finanziell nicht so gut geht, vorstellen, dass es eine staatliche Unterstützung für diese geben könnte?“, will Marla Wessa wissen. Die Schülerin des Leistungskurses Sozialkunde blickt gespannt nach vorne Richtung digitaler Tafel. Dort steht Karin Dauscher und antwortet: „Die Ampelregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen, dass es Hilfen für die Zustellung von Zeitungen geben soll. Ansonsten aber gilt, dass die Unabhängigkeit der Tageszeitungen enorm wichtig ist! Wer bezahlt, der bestellt. Dadurch könnte auch Einfluss des Staates auf unsere Inhalte genommen werden. Die privaten Tageszeitungen müssen frei berichten können!“ Bei den Tageszeitungen habe es jedoch einen enormen Stellenabbau gegeben. Die Werbeeinnahmen lägen im Vergleich zu den Abonnementerlösen nur noch bei etwa 30% und nicht mehr bei 50% wie vor 25 Jahren. Die morgendliche Zustellung der Zeitung sei aufgrund des Mindestlohns, den sie prinzipiell sehr positiv bewerte, kaum noch zu stemmen. Dennoch halte die Rheinpfalz zwölf Lokalredaktionen, die über das örtliche Geschehen berichteten, das ansonsten kein Medium abdecke.

Die 28 Schülerinnen und Schüler des Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasiums Germersheim sind begeistert: Die Landeskorrespondentin der Rheinpfalz, die seit 2001 aus Mainz für die in der Pfalz erscheinende Tageszeitung berichtet, spricht mit voller Leidenschaft über ihre spannende Arbeit.

Doch nicht nur die Frage von Marla Wessa stand am 23. Januar 2025 im Vordergrund, sondern auch die vielen Informationen, mit denen die Chefin der Landespressekonferenz die Elftklässlerinnen und Elftklässler aus den Leistungskursen Geschichte und Sozialkunde faszinieren konnte.

Justin Rettich erkundigte sich, ob es auch in Deutschland passieren könnte, dass Tageszeitungen von reichen Menschen gekauft werden, wie das in den USA bei der Washington Post durch Jeff Bezos war. Die 58-jährige Journalistin unterstrich, dass der Amazon-Chef die altehrwürdige Zeitung gerettet habe, die in der Vergangenheit mit der Aufdeckung des Watergate-Skandals und der akribischen Dokumentation der MeToo-Bewegung große Erfolge gefeiert habe. Vor der Präsidentschaftswahl 2024 in den USA habe die Washington Post nun aber keine Wahlempfehlung mehr abgegeben, wie dies für Zeitungen in den Vereinigten Staaten – im Gegensatz zu Deutschland – üblich sei.

Hella Zúniga Hinderberger fragte, wie sich die Redakteurin gegen falsche Informationen schütze. Die aus dem Norden des Landes stammende Pressevertreterin erklärte, dass sie sich immer mit zwei weiteren Quellen absichere. Manchmal sei dies aber auch schwierig, wenn sie vertrauliche Gespräche führe, bei denen die Quelle im Verborgenen bleiben müsse. Selbstverständlich habe es auch schon Fehler gegeben, die dann in der Folgeausgabe durch eine Berichtigung korrigiert werden mussten. Sehr Gravierendes sei ihr aber bislang noch nicht unterlaufen.

Wie sie zum Studium der Germanistik und Politikwissenschaft gelangt sei, wollte Laetitia Schwalbe wissen. Das sei Zufall gewesen. Sie habe sich auch Buchhändlerin oder Lektorin vorstellen können. Aber dann habe sie ein Praktikum bei der im Norden von Rheinland-Pfalz erscheinenden Rhein-Zeitung absolviert, hiernach eines beim ZDF.

Auf die Frage von Finjas Schwarz, was ihr den entscheidenden Anstoß für ihr Politikinteresse gegeben habe, antwortete Karin Dauscher mit einer grundsätzlichen Leidenschaft für Politik. Die Anti-AKW-Bewegung der 1980er Jahre habe sie geprägt. Ein Beitritt zur Jungen Union sei für sie undenkbar gewesen. Mit 16 Jahren sei sie klar links gewesen. Heute sei das alles nicht mehr so eindeutig. Sie habe schon unterschiedliche Parteien gewählt. Mitglied einer Partei sei sie nicht und das finde sie für ihre Position auch nicht passend, da sie über Parteien schreibe.

Wie sie es schaffe, immer auf dem Laufenden zu bleiben, wollte Jassin Popalzai erörtert wissen. Über Arbeitszeiten müsse man im Journalismus nicht reden. Nur selten gelinge es ihr eine 40-Stunden-Woche einzuhalten. Besonders glücklich sei sie gewesen, dass sie bereits zuvor wusste, dass Malu Dreyer zurücktreten werde und so sei die Rheinpfalz als erste Zeitung mit dieser Meldung auf dem Markt gewesen.

Helene Menzer fragte nach dem Interview, das für Karin Dauscher am beeindruckendsten gewesen sei, woraufhin die Journalistin eindeutig für jenes mit Alexander Schweitzer plädierte, als jener bereits designierter Ministerpräsident gewesen sei. Dieses habe er nicht abgesagt, obwohl er in der Zeit nach Malu Dreyers Rücktritt bereits ein sehr stark angefragter Gesprächspartner gewesen sei. Außerdem sei er sehr offen gewesen.

Matthis Dreyer wollte wissen, ob sie selbst entscheide, über was berichtet werde. Dies bejahte und verneinte Karin Dauscher. Manche Themen wie beispielsweise Gesundheit überlasse sie lieber ihren Kolleginnen und Kollegen.

Burhan Güneş fragte, wie Karin Dauscher für ihre Artikel recherchiere. Sie treffe sich mit Leuten und telefoniere. Mittlerweile habe sie sich ein großes Netzwerk aufgebaut. Wichtig sei ihr, dass sie direkt in Mainz sitze.

Den täglichen Arbeitstag thematisierte Elisa Ecker, woraufhin Karin Dauscher deutlichmachte, dass sie normalerweise um 10 Uhr in der Redaktion sei. Um 10.30 Uhr starte die erste Konferenz und um 18 Uhr oder 18.30 Uhr könne sie manchmal das Büro verlassen. Manchmal folge dann noch ein Abendtermin. Am Wochenende schaffe sie es durchaus zum Sport, doch sei ihr beispielsweise auch schon auf dem Weg zum Studio Dokumente zur Ahrflut zugespielt worden. Dann sei sie wieder umgedreht und habe angefangen zu schreiben.

Finjas Schwarz erkundigte sich nach dem schönsten Aspekt an Karin Dauschers Arbeit. Diese hob heraus, dass es schön sei, nie zu wissen, wie der Tag ende. Häufig müsse sie 80% ihres Plans über den Haufen werfen, weil sich so viel ereigne. Auch genieße es, so viele Menschen zu treffen.

Matthis Dreyer wollte wissen, ob in der Rheinpfalz genügend an Jugendliche gedacht sei, worauf Karin Dauscher erläuterte, dass leider häufig wenig Zeit bleibe, bevor Artikel abgeliefert werden müssen. Früher habe sie einige Male getestet, ob ihre eigenen Kinder ihre Beiträge verstehen. Für die älteren Leserinnen und Leser vermeide sie zumeist Anglizismen. Jassin Popalzai hakte nach und wollte wissen, ob die Rheinpfalz auch neue Medien berücksichtige, um Jugendliche zu erreichen. Selbstverständlich komme die digitale Transformation auch in der Zeitung an. Sie selbst liefere Content. Es müsse es der Anspruch bleiben, auch junge Menschen zu erreichen. Hierfür habe die Rheinpfalz einen eigenen Youtube-Kanal und bewerbe ihre Videos auch auf Social Media. Facebook und Insta spielten dabei die größte Rolle. Nur um TikTok so zu bespielen, wie es die Öffentlich-Rechtlichen schaffen, fehle das Geld. Was die Zeitung ebenfalls produziere, seien Newsletter, Podcasts oder Liveblogs bei wichtigen Ereignissen.

Helene Menzer fragte, inwieweit Karin Dauscher in ihren Kommentaren objektiv bleiben könne, woraufhin die Redakteurin betonte, dass Objektivität und Neutralität wichtige Bestandteile ihrer Arbeit seien. In den Kommentaren dürfe sie ihre eigene Meinung ausdrücken. Sie unterhalte sich mit allen Menschen und spare niemanden aus. Nur wer mit der AfD spreche, wisse, wie zerstritten sie ist.

Marla Wessa thematisierte die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Rheinpfalz und die Zukunft des Journalismus. Es gebe keine KI-generierten Texte bei der Rheinpfalz, hob Karin Dauscher hervor. Auch wenn es Versuche mit der Kürzung von Texten von 180 auf 120 Zeilen gebe, liege die Endkontrolle immer beim Redakteur. Auf X stehe leider auch zum Attentat in Aschaffenburg sehr viel Mist. Sie glaube daher an die Zukunft des Journalismus.

Laetitia Schwalbe erkundigte sich nach der Lieblingstextsorte der Redakteurin. Am meisten quälten sie Portraits, jedoch seien diese sehr wertvoll. Sehr gut sei sie in Analysestücken. Da stecke schon viel Meinung drin. Kommentare möge sie aber auch sehr gerne.

Besonders viele Kommentare habe es auf ihren Bericht gegeben, wie abwehrbereit Rheinland-Pfalz sei, verdeutlichte Karin Dauscher auf Finjas Schwarz´ Frage, ob es schon heftige Kritik an ihren Artikeln gegeben habe.

Nach 90 Minuten voller Informationen und äußerst spannenden Ausführungen waren alle Beteiligten total beeindruckt. Das Goethe-Gymnasium bedankt sich bei Karin Dauscher für eine sehr gelungene Veranstaltung und freut sich, den Elftklässlerinnen und Elftklässlern erneut Einblicke in die Welt der Medien ermöglicht zu haben.

Dirk Wippert

 

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