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Kein Eis für die 10y, keine Ausschussvorsitzenden für die AfD – Urteilsverkündung im Bundesverfassungsgericht

„Nein!“, antwortet Stephan Brandner. „Wir werden das heute nicht gewinnen!“ Der stellvertretende AfD-Vorsitzende steht in der Eingangslobby des Bundesverfassungsgerichts und ist sich seiner Sache ganz sicher: „Aber wenn es anders kommen sollte, dann bekommt ihr alle ein Eis!“ Die 25 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10y sind elektrisiert und wollen von dem Bundestagsabgeordneten wissen, warum die AfD dann überhaupt geklagt habe. „Das System ist schuld“, lächelt der 58-jährige, der dem vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Thüringer Landesverband angehört. Die AfD betrachtet den Verfassungsschutz jedoch nicht als unabhängig, sondern als beeinflusst vom Bundesinnenministerium und damit der Regierung.

10y mit Stephan Brandner (AfD), Mitglied des Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag

 

Selbstverständlich umstritten bleibt, ob sich eine Schulklasse überhaupt mit einem Politiker unterhalten sollte, der durch die Klage eine große mediale Aufmerksamkeit erhält und zudem beispielsweise durch Äußerungen stark in der Kritik steht, dass deutsche Politiker vor einer Synagoge lungerten anstatt um in Halle ermordete Volksmusikliebhaber und „Bio-Deutsche“ zu trauern, was als antisemitisch ausgelegt werden könnte. Unklar ist, ob nicht das Gespräch mit allen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen das ganze Bild ergibt und daher zur Meinungsbildung beiträgt, wodurch niemand ausgegrenzt wird und sich zum Opfer machen kann.

10y mit Manuela Rottmann (Bündnis ´90 / Die Grünen), Mitglied des Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag

 

10y im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgericht

 

Ein größeres Bild und eine Einordnung des umstrittenen AfD-Politikers lieferte am 18. September 2024 dann das Gespräch mit Manuela Rottmann (Bündnis ´90 / Die Grünen), die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts direkt nach der Verkündung in einfachen Worten für die 10y erklärte. Den 14- und 15-Jährigen wurde hierbei klar, warum die AfD zwar im Reihumverfahren das Recht erworben hat, eine Bundestagsabgeordnete oder einen Bundestagsabgeordneten aus ihren Reihen für den Vorsitz im Innen-, Gesundheits- und Entwicklungsausschuss vorzuschlagen, dass sie aber dafür auch jeweils eine Mehrheit in den jeweiligen Ausschüssen benötige. Die Klage der AfD hatte sich darauf bezogen, dass bislang alle Vorschläge für die Ausschussvorsitzenden akzeptiert wurden und sie nun von den anderen Parteien bewusst ausgegrenzt werde, was der Geschäftsordnung des Bundestags widerspreche. Auch gegen die Abwahl Brandners als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Jahr 2019 nach vorausgegangenen umstrittenen Äußerungen war Teil der Klage, die aber vom Bundesverfassungsgericht ebenso zurückgewiesen wurde, da die Abgeordneten ihre Vorsitzenden selbst bestimmen dürften und die AfD dadurch nicht willkürlich benachteiligt werde. Auf die Frage, ob sie Herrn Brandner noch die Hand gebe, wenn dieser sich laut Vorwürfen abfällig gegenüber Frauen und Minderheiten äußere, antwortete Rottmann damit, dass man sich bei der Begegnung im Flur grüße, aber nicht – wie mit Abgeordneten aus anderen Fraktionen üblich – nach dem politischen Streit auch etwas gemeinsam essen und trinken würde.

10y mit Ansgar Heveling (CDU), Mitglied des Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag

 

Dieses Bild bestätigten Ansgar Heveling (CDU), Lars Castellucci (SPD) und Stephan Thomae (FDP), mit denen sich die 10y ebenfalls zu einordnenden Gesprächen zusammenfand. Alle drei lobten das Interesse der Klasse an demokratischen Prozessen und riefen dazu auf, sich weiterhin für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzusetzen.

10y mit Lars Castellucci (SPD), geschäftsführender Vorsitzender des Innenausschuss im Deutschen Bundestag

 

10y mit Stephan Thomae (FDP), Mitglied des Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag

 

10y vor dem Bundesverfassungsgericht

 

Nach der etwa einstündigen Urteilbegründung und solch interessanten Gesprächen mit den Politikerinnen und Politikern durfte am Ende der Veranstaltung auch Frank Bräutigam nicht fehlen: Mit dem ARD-Rechtsexperten tauschten sich die Schülerinnen und Schüler aus und lobten ihn für seine stets unaufgeregte und sehr verständliche Erläuterung der komplexen Urteilsverkündungen am Bundesverfassungsgericht.

10y mit Frank Bräutigam, ARD-Rechtsexperte

 

Die Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasiums Germersheim können auf einen sehr abwechslungsreichen Tag in Karlsruhe zurückblicken, der am Abend noch damit gekrönt wurde, dass sie auch in der Tagesschau zu sehen waren.

Dirk Wippert

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