„Warum war Heinrich Kramer so emotional?“, fragt Simon Köhler. Der Neuntklässler blickt nach vorne auf die Bühne, wo Mona vom Dahl Platz genommen hat. Die Dramaturgin des Jungen Staatstheaters Karlsruhe überlegt kurz und antwortet: „Wir wollten Kramers Beziehung zu Mia Holl besonders hervorheben und haben diese als sehr dynamisch interpretiert! Juli Zeh hat ein durchaus komplexes Verhältnis zwischen den beiden Hauptcharakteren entworfen!“ Nader Ben-Abdallah und Laura Teiwes nicken und bekräftigen die Deutung der von ihnen verkörperten Rollen, jene des Chefideologen der alles dominierenden „Methode“ und jene einer zunächst staatstreuen Biologin.
hintere Reihe: Vivien Sticker, Nico Mädel, Johannes Remm, Ilja Gornitch, David Ciubotariu, Hubert Strauch, Jonathan Maier, Julia Wojtala
mittlere Reihe: Eneas Orschel, Marlene Palfi, Julius Buttweiler, Yllka Sinani, Lucas Reichling, Valentin Lösch, Maxim Brauer, Victor Gschwind, Jonas Dietz, Simon Köhler, Finia Wienert, Emma Bertleff, Mia Hoffmann, Teresa Rüsenberg, Lea Schanne, Annika Przygode, Thuy Linh Vu, Elelta Kiros, Maja Bertenbreiter, Sofia Ponomarow
vordere Reihe: Laura Teiwes, Nader Ben-Abdallah, Hadeer Hando und Nico Herzig
Doch nicht nur Simon Köhlers Frage stieß während des Publikumsgesprächs nach der Aufführung von Juli Zehs „Corpus Delicti“ am 5. April 2022 am Jungen Staatstheaters Karlsruhe auf das rege Interesse des Schauspielers, der Schauspielerin und der Dramaturgin. Auch die anderen 28 Schülerinnen und Schüler der Klasse 9a des Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasiums stellten spannende Fragen, die von den drei Theaterleuten beantwortet wurden.
Lea Schanne erkundigte sich nach der sehr innig interpretierten Beziehung zwischen Mia Holl und der von Juli Zeh als Wahnvorstellung angelegten „Idealen Geliebten“, faszinierend gespielt von Alisa Kunina. Mona vom Dahl unterstrich, man habe hier bewusst auf eine real existierende Dialogpartnerin und nicht beispielsweise eine Stimme aus dem Off gesetzt.
Teresa Rüsenberg brachte die vielfältigen Farben der Kostüme und deren Hintergründe ins Spiel, worauf Nader Ben-Abdallah, der den System-Propagandisten unglaublich beeindruckend und selbstsicher verkörperte, zurückgab, dass der für Bühne und Kostüme verantwortliche Philipp Eckle sich hier großartig und unverwechselbar verwirklicht habe.
Jonas Dietz wollte von der grandios agierenden Laura Teiwes wissen, ob es Überwindung koste, sich vor dem Publikum bis auf die Unterwäsche auszuziehen, worauf die Schauspielerin antwortete, sie selbst habe das passend gefunden und dies angeboten, was immer besser sei, als wenn dies verlangt werde. Valentin Lösch zeigte sich ob der kurzen Probezeit von nur acht Wochen überrascht.
Nach der zweistündigen Aufführung und dem halbstündigen Publikumsgespräch blickt die 9a auf eine hervorragend inszenierte Interpretation des Romans zur Gesundheitsdiktatur aus der Mitte des 21. Jahrhunderts zurück, der von Januar bis April 2022 im Deutschunterricht behandelt worden war.
Dirk Wippert
Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9a ordnen die Aufführungen folgendermaßen ein:
Dass das Verhältnis zwischen Moritz und Mia Holl so befreit und fröhlich dargestellt wurde, hat mich sehr überrascht, da es in dem Roman eher so wirkt, als wären die beiden genervt voneinander. Auch das futuristische Bühnenbild hat mich sehr fasziniert. Zusätzlich war natürlich die schauspielerische Leistung der Akteure sehr beeindruckend. Was auch auffiel, waren die Kostüme, denn jeder Schauspieler hatte eine bestimmte Klamottenfarbe, wodurch es trotz Doppelbesetzungen einfach war, die Charaktere auseinanderzuhalten und dem Geschehen auf der Bühne zu folgen. Die Monotonie des Romanes war in dem Stück nicht wiederzufinden, da durch ständige Bewegung, auch der Charaktere die gerade nicht am Sprechen waren, war permanent Leben auf der Bühne. Dazu haben auch die eindrucksvollen Special effects wie das Flackern von Licht oder plötzlicher Nebel beigetragen. Zusammengefasst hat das Stück mir sehr gut gefallen! :)
„Man hat sich gefühlt, als wäre man mittendrin.“
Durch die Lebendigkeit des Stücks und der exzellenten Darstellung der Schauspieler/-innen hat man sich nicht nur gewissermaßen verbunden, sondern auch miteinbezogen gefühlt. Durch Aufforderungen an das Publikum und durch emotionale, überraschende Momente wurden die Eigeninterpretationen der Darsteller/-innen und der Regisseurin sichtbar, die dennoch bemerkenswert authentisch waren. Ebenfalls hielten das kreative Bühnenbild und die Zusammenfassung des Romans mit den wichtigsten Stellen das Interesse aufrecht.
Alles in allem ein packendes, lebhaftes Stück, verbunden mit dem großen Talent der Schauspieler/-innen.
Dieses Theaterstück ist sehr gelungen, weil die Schauspieler ihre Rolle perfekt gespielt haben. Man hat direkt erfassen können, wer welcher Charakter aus dem Roman ist. Die Effekte und die Musik waren sehr gut gewählt.
Die Vorstellung ist gut gelungen, da es trotz Doppelbesetzungen keine Wartezeiten durch Kostümwechsel gab und es von den Schauspielern auch sehr gut gespielt wurde. Ein gutes Beispiel ist Sophie (die Richterin) und die ideale Geliebte (eine Vision von Mia Holl), da man dort kaum gedacht hat, dass es dieselbe Schauspielerin ist.
Johannes Remm & Valentin Lösch
Dadurch, dass keine großen Abweichungen zum Roman existieren, war das Mitverfolgen der Tätigkeiten für mich, die den Roman bereits gelesen hat, nicht überfordernd. Besonders überraschend fand ich die Intimität, welche zwischen der idealen Geliebten und Mia bestand, da diese über den Roman hinaus geht.
Durch die Monotonie des uns bereits bekannten Werkes ,,Corpus Delicti‘‘ erschien das Theaterstück umso emotionaler und dynamischer. Besonders sind mir die kreativen Requisiten, z.B. ein kleiner quadratischer Plastikteppich zur Darstellung des Grases in der Zukunft, aufgefallen. Das düstere Ambiente während der Vorstellung sorgte für das optimale Übertragen der ,,angespannten’‘ Stimmung der Charaktere auf das Publikum. Besonders faszinierend fand ich die Wandelbarkeit vieler Schauspieler, welche sich immer wieder in unterschiedliche Rollen hineinversetzten.
Die Stimmung der Charaktere wurde sehr gut verdeutlicht. Das Stück wurde sehr detailgetreu aufgeführt und alle wichtigen Schlüsselszenen waren vorhanden. Die Charaktere der Figuren sind sehr komplex, aber erkennbar und somit ist das Stück auch für Laien gut verständlich.
Das Theaterstück war äußerst humorvoll, gleichzeitig seriös und intensiv, da die Szenen durch Soundeffekte, Witze und Musik unterstützt wurden.
Elelta Kiros & Thuy Linh Vu
Am besten hat mir gefallen, dass das Stück sehr übersichtlich war, vor allem da jede Rolle ihr eigenes Kostüm hatte, das sich auch nicht änderte. Auch dadurch, dass jede*r Schauspieler*in eine eigene Farbe hatte, wurde eine angenehme Regelmäßigkeit eingebracht. Außerdem haben mir die kleinen Details gefallen, zum Beispiel, dass alle Kostüme sehr ordentlich waren, zumindest alle bis auf Moritz', welcher auch im Aspekt der eigenen Farbe nicht wirklich in das sterile Bühnenbild, wie auch in die Welt des Romans, gepasst hat.
Das Theaterstück war ein voller Erfolg! Besonders gefallen hat mir die Darstellung von Moritz. Denn im Vergleich zu allen anderen Charakteren war dieser nicht in einheitlichen Pastell-Farben gekleidet, sondern sehr natürlich. Sehr beeindruckt haben mich auch die Gefühle, welche anders dargestellt wurden als die im Roman. Diese Energie, die die Schauspieler in das Stück gepackt haben, hat mich in ihren Bann gezogen. Der Szenenwechsel verlief reibungslos und es gab einem nicht das Gefühl, dass eine Art „Cut“ vorliegt. Zusammenfassend kann ich also sagen, dass die Darstellung des Romans „Corpus Delicti“ total gelungen ist und keinerlei Verwirrung aufweist.
Mia Hoffmann
Soundeffekte, Spezialeffekte und ein beeindruckendes Bühnenbild. Sechs Schauspieler auf der Bühne, die allesamt eine krasse Ausstrahlung hatten. Für jede Rolle trugen sie andere Klamotten und trugen diese dann so authentisch vor, dass die Doppelrollen fast nicht auffielen. Mein persönliches Highlight war jedoch das dreidimensionale Bühnenbild. Es diente sowohl als Mias Zelle und als ihre Wohnung. Eingebaute Lichter und Düsen sorgten für atemberaubende Spezialeffekte und in Kombination mit Musik und anderen Soundeffekten wurden Szenen wie aus einem Sci-Fi Film geschaffen.
Die mehrfachen Besetzungen waren faszinierend: Ein Charakter ging und nach ein paar Minuten hatten die Schauspieler/innen sich umgezogen und in ihre nächste Rolle hineingedacht. All das geschah an beiden Rändern der Bühne hinter ein paar „Grasquadraten“, die in Plastikfolie eingeschweißt waren und von oben herunterhingen. Nicht nur die Requisiten füllten das Bühnenbild, sondern auch das hochwertig wirkende futuristische Haus, das mit LEDs sowie einer Nebelmaschine ausgestattet war, was wiederum zu einer spektakulären und einzigartigen Bühnenatmosphäre führte.
Nico Mädel
Mir persönlich hat das Theaterstück zu „Corpus Delicti“ sehr gut gefallen. Das lag zum Beispiel am gut gewählten Bühnenbild, das zwar die triste Monotonie in der Welt von „Corpus Delicti“ darstellte, aber durch die ungewöhnliche Gestaltung das Interesse des Zuschauers weckte.
Auch die kreative Umsetzung ist positiv hervorzuheben; das Stück hat mich durchgehend gefesselt und ich wollte wissen, wie es weitergeht, obwohl ich doch bereits alle Handlungsstränge durch den Roman kannte. Dem Stück wohnte einfach eine Art „Energie“ inne, die mich als Zuschauer vollkommen packte. Am besten fand ich jedoch die herausragenden Schauspieler. Diese waren sehr überzeugend und passten perfekt zu den ihnen zugewiesenen Rollen und selbst wenn sie eine Doppelrolle spielten, waren die verschiedenen Charaktere gut voneinander zu unterscheiden, wodurch es sehr einfach war, dem Geschehen zu folgen.
Das Theaterstück war sehr vielseitig, wechselt zwischen ernsten und lustigen und Szenen und erzeugt somit eine Spannungskurve. Das simple Bühnenbild spiegelt die monotone Atmosphäre, welche im Roman erzeugt wird, tadellos wider. Dieses Bild wirkt durch kleine Details, wie beispielsweise eingeschweißte „Grasquadrate“, dennoch dynamisch und macht das Stück interessanter.
Ilja Gornitch & Julius Buttweiler