Friedemanns Mutter steht wie erstarrt da. Ein Moment der Stille tritt ein. Sie ist entsetzt. Gerade noch hat sie ihren spontanen Essensgästen, Maik Klingenberg und Andrej Tschichatschow, genannt „Tschick“, noch Lebewohl gesagt und ihnen zuvor eine Welt geboten, die durch – teilweise triviales – Wissen, Antikapitalismus, Naturverbundenheit und familiäre Harmonie geprägt ist, nun muss sie beim Verabschieden noch mitanhören, dass die beiden Jugendlichen auf ihrem Weg zu ALDI auch beim Impfzentrum vorbeischauen wollen. Frau Fröhlichs Kosmos gerät aus den Fugen. Das Publikum ist begeistert.
Aber nicht nur als Mutter der von Tschick als „tolle Leute“ bezeichneten Familie wusste Schauspielerin Maren Kraus am 31. März 2023 bei der Aufführung im Theater Heidelberg zu überzeugen, sondern auch in ihren weiteren Rollen als Maiks alkoholsüchtige Mutter und als äußerlich unattraktive Außenseiterin Isa Schmidt. Ebenso mitreißend agierten ihre Kollegen Simon Mazouri als Maik Klingenberg und Leon Wieferich als Tschick und Vater Klingenberg.
Doch damit nicht genug! Regnende Schweine, Seitenhiebe auf aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklungen und das Verwenden von jugendsprachlichen Ausdrücken („Digga“) fesselten die 27 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10a am Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium Germersheim. Regisseurin Susanne Schmelcher gelang es dadurch den populären Roman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf aus dem Jahr 2010 noch moderner auf die Bühne zu bringen. 100 hervorragend investierte Minuten!
Dirk Wippert