„Ich fand den Schauspieler sehr faszinierend!“, erklärt Marlene Palfi ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, während sie im riesigen Foyer des Nationaltheaters Mannheim steht. Daraufhin entspinnt sich eine rege Diskussion über die Qualität der soeben zu Ende gegangenen Aufführung: ein Roman, umgewandelt in ein Ein-Mann-Stück, 90 Minuten ohne ausgefeiltes Bühnenbild und nahezu ohne Requisiten, ein Mann, sitzend, bis kurz vor Schluss keine Bewegung nach links und rechts, eine beeindruckende Stimme, laut, leise, lustig und traurig, verschiedene Figuren sprechend, ohne Fehler, ergreifend und mitreißend.

War das gut? Darf man das? Ist das Kunst? Das fragten sich nicht nur Marlene Palfi und ihre Freundinnen und Freunde, sondern auch die anderen 70 Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 9a, 10c und 10y des Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasiums Germersheim, welche am 24. Januar 2022 die Aufführung von Friedrich Dürrenmatts „Das Versprechen“ im Nationaltheater Mannheim miterlebten.

Vorausgegangen waren zwei Monate der intensiven Vorbereitung im Unterricht, wobei nicht nur die Analyse des 1958 publizierten Bestsellers im Vordergrund stand, sondern auch die szenische Umsetzung einzelner Textauszüge sowie der Vergleich zu Ladislao Vajdas Film „Es geschah am helllichten Tag“, auf dessen Drehbuchvorlage der Roman basiert.

Vertieft wurde die kritische Würdigung des Theaterstücks durch kontroverse Debatten im hierauf folgenden Unterricht. In den kommenden Wochen wird ein Besuch der Theaterpädagogin Ronja Gerlach folgen, die die Idee der Mannheimer Aufführung erläutern und zusammen mit den Schülerinnen und Schülern die Hintergründe erörtern wird.

Vor den Herbstferien hatten die drei Klassen bereits die Neuverfilmung von Stefan Zweigs Klassiker „Schachnovelle“ im Kino gesehen und konnten nun mit Aufführung des Verkaufsschlagers weitere Einblicke in die deutschsprachige Literatur erhalten.

Dirk Wippert