Heftiger Streit um das Wahlalter! – 10a trifft rheinland-pfälzische Europawahl-Spitzenkandidierende am ESG Landau

Laaaaaaangweilig! Haben Sie das auch schon bei so mancher TV-Talk-Show gedacht und lieber abgeschaltet oder das Programm gewechselt? Oftmals scheint dies aufgrund ständig wiederkehrender Themen vielleicht gerechtfertigt.

 

 

Am 19. April 2024 erlebte die Klasse 10a jedoch das komplette Gegenteil. Eine packende Diskussion der rheinland-pfälzischen Europawahl-Spitzenkandidierenden wurde am Eduard-Spranger-Gymnasium Landau den 25 Schülerinnen und Schülern vom Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium Germersheim geboten, die den krönenden Abschluss der von der parteiunabhängigen Europaunion organisierten Veranstaltungsreihe bildete, welche die Jugendlichen – nach einem Auftaktevent und Besuchen in der Smart Factory an der Berufsbildenden Schule in Wörth, des PAMINA-Zentrums in Lauterbourg sowie im Europaparlament Strasbourg – auf die erstmalige Stimmabgabe anlässlich der Europawahl am 9. Juni 2024 optimal vorbereiten sollte. Erneut fand die Veranstaltung in Kooperation mit dem Max-Slevogt-Gymnasium in Landau und dem PAMINA-Schulzentrum in Herxheim statt, diesmal zusätzlich mit Schülerinnen und Schülern des Leistungskurs Sozialkunde am ESG Landau.

 

Neben Christine Schneider (CDU), die die erstmals Wahlberechtigten bereits im Europaparlament befragt hatten, standen die Europaabgeordnete Jutta Paulus (Bündnis ´90 / Die Grünen), Maria Harutyunyan (SPD) und Maximilian Krolo (FDP) auf der Bühne.

 

 

Neben großer Einigkeit bei der Abgrenzung gegenüber rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Parteien gab es einen besonders heftigen Streit hinsichtlich des Wahlalters: „Wie passt es, dass Sie um unsere Stimmen werben, aber nicht wollen, dass wir wählen dürfen?“, wollte Marla Wessa von Christine Schneider wissen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament erklärte, dass sie und ihre Partei das Wahlrecht gerne an die Volljährigkeit und die Geschäftsfähigkeit gekoppelt sähen, es aber insgesamt viel wichtigere Themen gebe.

 

Die 16- und 17-Jährigen Erstwählerinnen und Erstwähler ließen jedoch nicht locker und hinterfragten die Ausführungen der aus Edenkoben stammenden CDU-Politikerin, die die Altersgrenze mit 16 als „völlig willkürlich gesetzt“ bezeichnete. Konsequenterweise könne man dann ja auch über ein Wahlrecht ab Geburt nachdenken. Burhan Güneş wandte ein, dass man in diesem Alter ja nicht Verantwortung übernehmen könne, ab 16 jedoch schon. Schneider konterte, dass das Jugendstrafrecht beispielsweise ab 14 Jahren gelte. Zwar gebe es auch Diskussion in der Jugendorganisation der CDU, jedoch gebe es derzeit auch aufgrund ihrer Partei keine Zwei-Drittel-Mehrheit im rheinland-pfälzischen Landtag, um das Wahlalter zu senken.

 

Maria Harutyunyan ergänzte, dass Fridays for Future und der Kampf gegen Rechtsextremismus doch gezeigt hätten, dass die 16-Jährigen schon reif für das Wählen seien. Die Zeiten hätten sich geändert. Jutta Paulus gab zu bedenken, dass auch Menschen mit geistiger Behinderung und Ältere mit gesetzlicher Betreuung das Wahlrecht hätten.

 

„Aber einen Handyvertrag dürfen sie ohne die Eltern nicht unterzeichnen!“, wehrte sich Christine Schneider. Maximilian Krolo verglich die Wahlrechtsabsenkung mit den Folgen, die sich durch die Möglichkeit des begleitenden Fahrens gezeigt hätten. Dadurch gebe es bei den 18-Jährigen weniger Unfälle. Deshalb sei eine Absenkung sehr zu befürworten.

 

Nachdem Christine Schneider hinzufügte, dass das Alter für das aktive und passive Wahlrecht nicht auseinanderfallen sollten, wies Jutta Paulus darauf hin, dass wählen und gewählt werden bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit 18 und 21 Jahren unterschiedlich festgesetzt waren, was damals auch für viele kein Problem dargestellt habe.

 

 

Beim Thema „Wahlkampf in den Sozialen Medien“ fragte Valeria Gut, ob der CDU-Fraktion im Erfurter Landtag dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke mit dem kürzlich ausgestrahlten TV-Duell nicht eine große Plattform gegeben habe. Maximilian Krolo gab sich nachdenklich, indem er zwar einräumte, dass man Höcke damit zwar Möglichkeiten hätte entziehen können, jedoch sei die Reichweite des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krag auf TikTok viel größer und hier könne man nicht gegensteuern. Außerdem sei Höcke nicht verurteilt, auch wenn er ihn politisch verachte. Christine Schneider sah im TV-Duell eine Gratwanderung. Die AfD müsse man in Diskussionen stellen. Gänzlich anders bewertete die Grünen-Politikerin Jutta Paulus die TV-Konfrontation: Problem sei es, die AfD zu normalisieren. Sie inhaltlich zu stellen funktioniere nicht. Das liege daran, dass die AfD eine Lüge nach der anderen verwende und alle Auftritte nur dafür verwende, um sie für die Sozialen Medien zusammenzuschneiden. Dadurch werde der rechte Rand gestärkt und die konservativen Parteien verschwänden auf lange Sicht, was sich in Frankreich und Italien bereits gezeigt habe. Maria Harutyunyan kritisierte, dass Höcke die im Potsdamer Geheimtreffen anvisierte Deportation heruntergespielt habe.

 

Finjas Schwarz wollte erörtert wissen, wie man an die AfD verlorengegangene Protestwähler wieder zurückgewinnen könne. Maria Harutyunyan unterstrich, dass SPD und Grüne mittlerweile versuchten auf den Sozialen Medien wie TikTok dagegenzuhalten. Hier in Rheinland-Pfalz habe die SPD aber viele Hochburgen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer könne sehr gut mit Menschen in Kontakt treten. Die SPD habe dafür gesorgt, dass das Bürgergeld und der Mindestlohn erhöht wurde. Außerdem vertrete die Partei auch ärmere Menschen. Jutta Paulus betonte, dass die Präsenz vor Ort sehr wichtig sei. Vielerorts, vor allem in Ostdeutschland, würde die Menschen häufig alleingelassen, es fahre kein Bus mehr. Das Wahlprogramm der AfD aber stelle Vieles für Ärmere schlechter. Man müsse den Leuten zuhören und nichts Falsches behaupten, sondern für eine ehrliche Politik sorgen. Auch die Bürgerräte seien eine gute Idee. Christine Schneider wiederum lehnte diese ab. Von der AfD wolle sie niemand im Fernsehen sehen, aber nur dort könne man die Partei stellen. Andernfalls seien sie nur noch in den Sozialen Medien. Im TV-Duell habe sich Höcke weichgespült gegeben. Die CDU habe Protestwähler an die AfD verloren, da sie die Themen Asyl und Migration nicht gelöst habe. Maximilian Krolo unterstrich, dass er froh sei, dass die FDP in Rheinland-Pfalz das parteiinterne TikTok-Verbot gekippt habe, um der AfD dort begegnen zu können. Zudem sei Wohlstand keine Garantie. Politik müsse rechnen können. Deutschland und Europa seien kein Bullerbü.

 

Im Themenbereich „European Green Deal“ erkundigte sich Burhan Güneş bei Jutta Paulus, ob der Plan, klimaneutral zu werden, wirklich funktionieren könne, was die Grünen-Politikerin vehement bejahte. Prinzipiell sei das möglich, wenn es den politischen Willen dafür gebe. Nur der öffentliche Druck durch Fridays for Future habe den Green Deal auf den Weg gebracht. Als Burhan Güneş einwandte, warum dann Lützerath habe verschwinden müssen, machte Jutta Paulus deutlich, dass sie eindeutig zum Rechtsstaat stehe.

 

Nach neunzig Minuten intensiver und sehr aufschlussreicher Diskussion bedankt sich das Goethe-Gymnasium bei den vier Politikerinnen und Politikern für Ihre Zeit sowie beim ESG als Gastgeberin, vor allem aber bei der Europaunion Südpfalz und ihrem Vorsitzenden Jörg Saalbach für die Organisation des gesamten Projekts „Wählen mit 16 für Europa“. Zudem konnten durch die Kooperation mit dem Max-Slevogt-Gymnasium Landau und dem PAMINA-Schulzentrum in Herxheim viele gewinnbringende Kontakte über das Projekt hinaus geknüpft werden.

 

Dirk Wippert

 

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