Auf einmal dringen heftige Technoklänge durch den Raum, Strobos blitzen, das Publikum sitzt da wie elektrisiert. Frida Österberg singt „The Plague“, das wahrscheinlich eindrücklichste Lied, das jemals über die Pest geschrieben wurde. „Why don´t you lock up?“ wiederholt die Balladensängerin, während Jannik Süselbeck im Hintergrund all seine Kreidevorräte aufbraucht, um den in seinem Florentiner Haus eingesperrten Galileo Galilei in seiner kreativsten Schaffensphase während der Zeit des Schwarzen Tods darzustellen: konzentriert Formeln und Formen auf den Bühnenboden malend, die Bedrohung außerhalb der eigenen vier Wände ausblendend.

Die imponierendste Szene aus „Leben des Galilei“ verfehlte am 26. Januar 2023 auch ihre Wirkung auf die zwanzig Schülerinnen und Schüler des Grundkurs Deutsch am Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium Germersheim nicht. Die Karlsruher Aufführung des weltberühmten Dramas von Bertolt Brecht, welches die Zwölftklässlerinnen und Zwölfklässler zuvor im Deutschunterricht ausführlich analysiert hatten, animierte die Sechszehn- bis Achtzehnjährigen zu lebhaften Diskussionen, nicht zuletzt darüber, ob es sinnvoll ist, Galileo Galilei durch vier unterschiedliche Schauspielerinnen und Schauspieler zu verkörpern.

Zudem wird die zweistündige Darbietung im Badischen Staatstheater aufgrund der zahlreich aufgestellten Leitern aufs Hausdach und in den Himmel in Erinnerung bleiben, durch die der italienische Universalgelehrte die Himmelskörper viel besser durch sein Teleskop beobachten und dabei feststellen konnte: „Und sie bewegt sich doch!“

Dirk Wippert