"Jetzt würde mich aber einmal Ihre Position zur Legalisierung von Cannabis interessieren!", sagt Thomas Gebhart und blickt interessiert in die Kamera seines heimischen Rechners. Gleich drei Schülerinnen melden sich hierauf zu Wort: Jasmin Schaaf sieht in der Freigabe von Marihuana ein Stück Selbstbestimmung, während ihre Mitschülerinnen Anna Plett es als "verantwortungslos" empfindet, das populäre Rauschgift aufzuwerten. Miriam Malthaner hingegen betont die Chance eines kontrollierten Anbaus und Konsums.
Der CDU-Politiker hört geduldig zu, wie die Schülerinnen lebhaft diskutieren und unterstreicht schließlich, dass der Staat eine Schutzfunktion für seine Bürgerinnen und Bürger habe. Er habe sich in seiner Zeit als Parlamentarischer Staatssekretär bei Gesundheitsminister Jens Spahn mit Konsumierenden und Behandelnden ausgiebig ausgetauscht. Letztere warnten vor allem hinsichtlich einer Freigabe für Heranwachsende. Die Legalisierung sei ein schwieriges Signal. Für Erwachsene könne man über eine kontrollierte Abgabe diskutieren. Stärkstes Argument sei aber, dass etwas legalisiert werde, obwohl es schwere Schäden verursachen könne. Außerdem würden viele Jugendliche Cannabis im Moment nicht konsumieren, weil es verboten sei.
Auf Ciara Naukes Nachfrage, ob man dann nicht auch Zigaretten verbieten müsse, gibt der Bundestagsabgeordnete zu, dass auch diese, genauso wie Alkohol, schädlich seien. Dennoch verursache das Rauchen keine Psychosen. Generell müsse man sich fragen, warum noch weitere Drogen legalisiert werden sollten. Ziel müsste es sein, den Tabakkonsum zurückzudrängen, indem man die Tabaksteuer erhöhe und die Tabakwerbung verbiete.
Aber nicht nur die Frage zur Drogenpolitik, die ursprünglich Elinor Neb dem CDU-Obmann im Energie- und Klimaausschuss in der 40-minütigen Videokonferenz am 2. Februar 2022 stellte, bewegte die 24 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10y am Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium Germersheim, sondern auch zahlreiche andere angesprochene Themen, die zuvor im Sozialkundeunterricht vorbereitet wurden.
Sinthu Paramanantham wollte hierbei wissen, wie Gebhart das Problem lösen würde, dass Deutschland unter Umständen keine Energiequelle mehr übrigbliebe, wenn es aus der Atom- und Kohleenergie aussteige und auch russisches Gas durch den Ukraine-Konflikt entfalle. Der Oppositionspolitiker hob hervor, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden müssten. Jedoch bliebe die Frage, was geschehe, wenn Sonne und Wind nicht zur Verfügung stünden. Erdgas müsse eine Übergangstechnologie bilden. Die Abhängigkeit von Russland müsse zurückgefahren werden. Putin dürfe nicht noch mehr Macht erhalten.
Janani Ruban erkundigte sich nach Gebharts Meinung zum Paritätsgesetz. Der aus Jockgrim stammende Volksvertreter stellte klar, dass man sich im Ziel doch einig sein: Frauen sollten gleichberechtigt sein und auch dieselben Chancen bekommen wie Männer. Unterschiedlich sei jedoch der richtige Weg dorthin. Männer und Frauen müssten nicht zwingend abwechselnd auf die Landeslisten der Parteien. Es gebe Situationen, in denen die Eignung eine größere Rolle spiele. Erstes Kriterium dürfe nicht immer das Geschlecht sein. Vor allem die jüngere Generation setze eher auf Eignung. Miriam Malthaner hakte nach und thematisierte den unterdurchschnittlichen Anteil von Frauen in der Unions-Fraktion. Gebhart gab zu, dass für die Christdemokraten viel zu wenig Frauen in den Parlamenten säßen. Ein erster Schritt müsse es sein, dass mehr Frauen in der Politik mitmachen. Die CDU setze hierbei auf eine vom neuen Vorstand vorangetriebene Frauenquote.
Frauenrechte standen auch bei Helen Etzkorns Frage im Vordergrund, welche das Informations- bzw. Werbeverbot für Abtreibungen ansprach. Die Lesart der Ampelparteien, es handele sich um ein Informationsverbot, wies Gebhart deutlich zurück. Die Große Koalition habe bezüglich des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs ein Werbeverbot erlassen. Informationen gebe es, außerdem existierten Listen, über die sich jeder informieren könne. Es gehe um den Schutz des ungeborenen Lebens. Werbung für Abtreibungen seien falsch. Dennoch müsse es Hilfe für Frauen und Männer in schwierigen Konfliktsituationen geben.
Amely Neb wollte erörtert wissen, ob es sinnvoll sei, dass der Genesenenstatus in Deutschland nur drei Monate gelte, während dies im Bundestag zwischenzeitlich sechs Monate möglich gewesen sei, in Russland sogar zwölf. Gebhart kritisierte, dass im Bundestag für eine kurze Zeitspanne eine andere Regelung gegolten habe als für die Bevölkerung und er sei froh darüber, dass dies von Bundestagspräsidentin Bas schnell wieder zurückgenommen worden sei. Aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen sei er für einen Genesenenstatus, welcher sechs Monate anhält. Dies sehe auch die Europäische Union so. Russland dürfe selbst entscheiden.
Jasmin Schaaf bat um Auskunft, ob die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts in Gefahr sei, da es zu Abendessenseinladungen seitens der Bundesregierung Merkel an die Richterinnen und Richter des höchsten deutschen Gerichts gekommen sei. Gebhart akzentuierte, dass die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung ein ganz hohes Gut sei. Die Kritik sei überzogen. Die Richterinnen und Richter ließen sich nicht beeinflussen. Jasmin Schaaf ließ nicht locker und fragte, ob auch der direkte Wechsel des heutigen Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Stephan Harbarth aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Karlsruhe in Ordnung gewesen sei. Gebhart unterstrich die Unabhängigkeit des Gerichts und dass Harbarth zunächst alle Ämter habe ruhen lassen. Die Parteizugehörigkeit von Richterinnen und Richtern sei völlig in Ordnung.
Die Videokonferenz war auf Initiative der Schülerin Miriam Malthaner zustande gekommen, die Anfang Januar ihr Sozialpraktikum bei Herrn Gebhart absolviert hat. Für die 10y war es bereits die sechste außerunterrichtliche Aktion in diesem Schuljahr. Nach der Teilnahme an den Wahlkampfveranstaltungen von Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Christian Lindner (FDP) und dem Besuch der Neuverfilmung von Stefan Zweigs Schachnovelle in der Karlsruher Schauburg hatten die Schülerinnen und Schüler im Mainzer Landtag die Holocaust-Überlebende Henriette Kretz treffen und befragen dürfen. Zuvor hatte ihnen auch Dieter Burgard, der Beauftragte der Ministerpräsidentin für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen für ein Gespräch zur Verfügung gestanden. Schließlich hatten die Vierzehn- und Fünfzehnjährigen die Aufführung von Friedrich Dürrenmatts „Das Versprechen“ im Nationaltheater Mannheim besucht.
Das Goethe-Gymnasium dankt Thomas Gebhart, dass er sich erneut für eine Videokonferenz mit Schülerinnen und Schülern Zeit genommen hat. Während des ersten Lockdowns 2020 war der damals im Bundestagswahlkreis Südpfalz direkt gewählte Parlamentarier der erste Politiker, mit dem das GGG eine Videokonferenz durchgeführt hat. Seitdem hatte sich Gebhart auch im zweiten Lockdown 2021 mit Schülerinnen und Schülern des Goethe-Gymnasiums unterhalten und stand nun 2022 einer weiteren Klasse erneut zur Verfügung.
Im Bundestagswahlkampf 2021 hatten die Schülerinnen und Schüler des GGG gleich zweimal die Gelegenheit, Thomas Gebhart zu treffen, einmal bei der Vorstellung der Wahlkreiskandidaten in der Gemeinde Heilig Kreuz Landau zusammen mit Thomas Hitschler (SPD), Tobias Lindner (Grüne) und Volker Wissing (FDP), das andere Mal bei der Wahlkampfveranstaltung mit dem Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet auf dem Landauer Marktplatz.
Auch mit dem 2021 im Bundestagswahlkreis Südpfalz direkt gewählten SPD-Bundestagsabgeordneten Thomas Hitschler sowie den Landtagsabgeordneten Martin Brandl (CDU) und Markus Kropfreiter (SPD) hat das Goethe-Gymnasium während der Pandemiezeit Videokonferenzen durchgeführt. Zudem standen die heutige Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) sowie die Europaabgeordneten Christine Schneider (CDU) und Jutta Paulus (Grüne) zur Verfügung. Auch eine Videokonferenz mit der Grünen-Vordenkerin Marina Weisband und Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) gehörte zum Programm.
Die sehr gelungene und kurzweilige Videokonferenz mit Thomas Gebhart konnte die Pandemiegespräche nun erfolgreich weiterführen.
Dirk Wippert