„Führungsrolle Deutschlands wie unter Angela Merkel fehlt!“ – Landtagsabgeordneter Brandl stimmt am GGG auf EU-Wahl ein

„Haben Sie Verständnis dafür, dass die FDP das Lieferkettengesetz auf EU-Ebene blockiert?“, will Moritz Heid wissen. Gespannt blickt der Elftklässler nach vorne Richtung Pult. Dort steht Martin Brandl: „Ja. Ich habe Verständnis für diese Entscheidung. Das Gesetz wäre in der aktuellen Lage ein zusätzlicher Schlag! Aber Deutschland hat in der EU keine klare Haltung mehr und wird vom Antriebsmotor zum Land, das sich ständig enthält! Andere Staaten wissen nicht, was Deutschland will. Die Führungsrolle Deutschlands in der EU wie unter Angela Merkel fehlt seit dem Start der Ampel-Regierung!“

 

Nicht nur dieses klare Statement zum derzeitigen Standing Deutschlands in der EU bewegte die Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 9c und 10a sowie aus der Jahrgangsstufe 11 am Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium Germersheim am 4. März 2024 im Gespräch mit dem Landtagsabgeordneten Martin Brandl, sondern auch zahlreiche weitere Gesprächsthemen anlässlich des vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Bildung veranstalteten EU-Projekttags, im Zuge dessen die Landtagsabgeordneten an die Schulen kommen.

Anne Kaufhold (10a) fragte, welches Land als nächstes in die EU aufgenommen und welches am besten ausgeschlossen werden sollte, woraufhin der CDU-Kandidat für die Landratswahlen 2024 im Landkreis Germersheim deutlich machte, dass im Moment kein Land aufgenommen werde sollte. Zunächst müsse das Einstimmigkeitsprinzip reformiert werden. Das größte Problem unter den Mitgliedsstaaten stelle Ungarn dar, das die EU als Basar sehe. Ungern würde er aber auf Ungarn als politischen Partner verzichten, auch wenn es sich als enfant terrible erweise. Statt des Einstimmigkeitsprinzip präferiere er eine EU der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Mit Frankreich, den BeNeLux-Ländern und den nordeuropäischen Ländern seien stärkere Verflechtungen möglich, vor allem auch eine gemeinsame Armee. Zwergstaaten jedoch könnten jede Entscheidung in der EU verhindern. Das schwäche die EU. Die EU müsse eine starke Marktmacht haben, sonst habe sie keine Chance.

Ob die BRICS-Staaten jemals zu einem starken Bündnis wie jenem der EU werden könnten, bezweifelte der Diplom-Betriebswirt. Die einzelnen Staaten seien quer über die Welt verteilt und hätten unterschiedliche Regierungssysteme. Indien sei die größte Demokratie, China eine klare Diktatur, in die auch Russland abdrifte. Die EU sei nicht nur ein Wirtschaftsbündnis, sondern auch ein Wertebündnis, wobei diese Werte zukünftig womöglich durch Interessen abgelöst würden, eine Antwort, mit der sich Fragesteller Jassin Popalzai (10a) zufrieden gab.

Die zu erwartenden Wahlerfolge für rechtsextremistische Parteien bei der EU-Wahl thematisierte Matthis Dreyer (10a). Diese bereiteten ihm massiv Sorgen, ließ der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag wissen. Studien belegten, dass 30% der Deutschen in Deutschland keine Demokratie mehr sehen. Der Bundestag existiere in deren Augen nur zum Schein. In den USA lege der Anteil sogar noch höher. Das Thema werde von den Rechtspopulisten bewusst weitergetragen. Selbst bei der Kommunalwahl gebe es Versuche, die Demokratie zu hinterfragen.

Annika Przygode (MSS 11) hakte nach und erkundigte sich, woher die Verschwörungstheorien kämen, woraufhin der im Wahlkreis Wörth direkte gewählte Landtagsabgeordnete unterstrich, dass social media und bubbles dazu beitragen könnten und eine Radikalisierung innerhalb von Wochen möglich sei. Alte Menschen läsen noch Zeitung, die jungen kaum noch. Hier breche die Bildung aufgrund einer nicht-existierenden tiefergehenden Beschäftigung mit politischen Themen in weiten Teilen der Bevölkerung weg. Vielerorts werde nur noch der AfD-Kanal wahrgenommen.

Valeria Gut (10a) wollte wissen, wie stark die Wahlentscheidung der 16- und 17-Jährigen das Ergebnis für rechtsextreme Parteien bei den EU-Parlamentswahlen beeinflussen werde. Der Kandidat für die Nachfolge von Landrat Fritz Brechtel beschwichtigte in diesem Punkt und verdeutlichte, dass die Jugendlichen nicht überproportional rechtsextrem wählten und das Wahlergebnis nur bedingt ins Gewicht falle.

Marlene Palfi (MSS 11) zeigte sich besorgt, dass die Rechtsextremen die Partnerschaften in der EU weiter einschränken wollten. Dem stimmte der Christdemokrat zu und warnte vor einer Rückbesinnung auf den Nationalstaat. Zölle wären für Deutschland sehr schädlich: Diese verteuerten die Waren und kosteten Arbeitsplätze. Die Volks- und Betriebswirtschaft lehre, dass Verflechtungen hälfen, um Wohlstand zu generieren. Das sehe man im Landkreis Germersheim am besten am LKW-Werk in Wörth. Aus ganz Deutschland und Europa seien die Menschen in den Landkreis gekommen. Mit Zöllen wäre das alles viel komplizierter oder nicht möglich gewesen. 12.000 Arbeitende verdienten dort sehr hohe Löhne.

Marla Wessa (10a) erbat sich ein Statement dazu, ob die EU genug für die Einhaltung von Menschenrechten tue. Der 42-jährige Rülzheimer räumte ein, dass die Interessen innerhalb der Europäischen Union häufig auseinander gingen, die Wertegrundlage aber funktioniere. Sein Wunsch sei eine größere Vereinheitlichung, eine stärkere Harmonisierung von Sozialleistungen.

Die Frage von Burhan Güneş (10a), ob die EU multikulturell sei, bejahte der Abgeordnete deutlich.

Das Goethe-Gymnasium bedankt sich bei Martin Brandl für seinen Besuch und blickt auf eine sehr gelungene und kurzweilige Veranstaltung, die einen erheblichen Beitrag zur erstmaligen Wahlentscheidung der 16- und 17-Jährigen am 9. Juni 2024 hinsichtlich der Europawahl geleistet hat.

Dirk Wippert

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